Okay, das ist jetzt keine wissenschaftliche Betrachtung, schon gar keine tiefgehende Analyse, aber eine Darstellung meiner Erfahrungen der letzten ein bis zwei Monate.
Meine Hardwarebasis waren dabei ältere Lenovo- sowie HP-Notebooks, auf denen ich mehrere Distributionen ausprobiert habe. Konzentriert habe ich mich dann auf die Distros, die nicht schon beim Setup massive Probleme gemacht haben. Und das waren viele! Übriggeblieben sind:
- Linux Mint: Funktionierte immer, einfache Einrichtung, schnelle Aufnahme der eigentlichen Einrichtungsarbeiten, problemloses Installieren der benötigten Software, entweder über die gut ausgestatteten Repositorys, direkte Downloads von der Anwendungshomepage oder selbstkompilieren der Software. Alles kein großes Problem.
- Kubuntu: Wie unter 1., aber… Dazu gleich.
- Oracle Linux: Sehr, sehr dünn besiedeltes Repository, komplizierte Installation von Software, bei der oft massenhaft Pakete (insbesondere Librarys) recherchiert, mühsam gefunden und installiert werden mußten, bis etwas lief. Es war nicht einmal möglich, unter Chromium oder Firefox alle Videos im Web anzuschauen, es fehlten Codecs und andere Dinge, und der marktschreierisch angepriesene, angeblich unbreakable Kernel rettet einen natürlich nicht vor Abstürzen mehr oder weniger wichtiger weiterer Software, so daß ich nach ca. zwei Wochen entnervt aufgegeben und das System gelöscht habe. Mag sein, daß Oracle Linux für Server eine sehr gute Wahl ist, wenn man von vornherein präzise festschreiben kann, was das System leisten soll, für Anwender jedoch, die ihre tägliche Arbeit erledigen wollen, ist es das nicht.
- Debian: Es war die einzige Distro mit vernünftiger Unterstützung für 32-Bit-Systeme, von denen ich genau eines in Form eines alten Notebooks noch besitze und in Betrieb habe. Allerdings habe ich es bislang so wenig eingesetzt, daß ich dazu keine Aussage machen kann, was den intensiven Einsatz angeht.
Nun zu Kubuntu: Auf keiner Plattform der letzten Jahre habe ich soviele Applikationscrashs erlebt wie hier. Der letzte Crash fand statt, als ich mich auf Grund einer Konfigurationsänderung (Änderung der Gruppenzugehörigkeit meines Anwenderkontos) einfach mal schnell aus- und wieder einloggen wollte. Selbst während ich das hier schreibe, meldet sich der Crash-Reporter, weil irgendetwas im Hintergrund seinen Geist aufgegeben hat. Die Dinge sind nicht so dramatisch, als daß ich deswegen jetzt das System neu aufsetzen oder sonstige, größere Maßnahmen ergreifen würde, aber verglichen mit der Stabilität von Linux Mint ist Kubuntu mit KDE und Plasma-Desktop ganz schön crashfreudig. Aber ich habe bereits mit dem Gedanken gespielt, Kubuntu vollständig hinter mir zu lassen und nur noch auf Linux Mint mit dem XFCE4 zu arbeiten. Wahrscheinlich werde ich das auch umsetzen, denn was mir am meisten Spaß gemacht hat unter Kubuntu, war die Konsole (konsole), die dieses tolle Feature hat, daß man die Fenster splitten kann. Als ich dann herausgefunden habe, daß man mit apt-get install konsole genau diese Anwendung auch unter Linux Mint zur Verfügung gestellt bekommt, war der Entschluß praktisch gefaßt. Das xfce-Terminal habe ich dann sofort gelöscht.
Heute gehe ich diesen Weg weiter: Ein Windows-10-Desktop-Computer wird umgewandelt in einen Linux Mint 20 & XFCE4 Server, d. h., er wird mir vorrangig als Server dienen für Git-Experimente, da ich dann ein vernünftiges, Unix-kompatibles Filesystem habe, er soll aber auch für normale Anwendungen zur Verfügung stehen.
Meine persönliche Meinung ist also Stand heute (2021-01-28) die:
Wer ein neues System einrichten will mit dem Bedürfnis, nach kürzester Zeit effektiv damit zu arbeiten, und der erwartet, daß Nachinstallationen kein zeitraubendes Abenteuer werden, der sollte Linux Mint mit XFCE wählen. Den ganzen Schnickschnack hübsch aussehender Desktopumgebungen bezahlt man mit höherer Wahrscheinlichkeit für Crashs: Mehr und komplexere Software, bei der zeitgleich viele Komponenten interagieren müssen, erhöht einfach die Absturzwahrscheinlichkeit. Und wenn man sich anschaut, wieviele Komponenten man z. B. bei der Installation von R-Studio unter Kubuntu erst einmal installieren muß, bevor R-Studio sauber aufgesetzt werden kann, der weiß: Kubuntu ist nicht das beste System für Entwickler. Linux Mint hat mehr Komponenten für das Selberkompilieren von Software an Bord, und zwar vom Start weg.
Viel Spaß beim Ausprobieren!