In Hannover (und anderswo) herrscht die Sprachpolizei

Es ist unerträglich, daß der Gesetzgeber sich anmaßt, Sprache per Gesetz zu regeln. Ich führe ein einziges Beispiel an:

§ 28 Satz 1 Saarländisches Landesgleichstellungsgesetz

Die Dienststellen haben beim Erlass von Rechtsvorschriften, bei der Gestaltung von Vordrucken, in amtlichen Schreiben, in der Öffentlichkeitsarbeit, im Marketing und bei der Stellenausschreibung dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dadurch Rechnung zu tragen, dass geschlechtsneutrale Bezeichnungen gewählt werden, hilfsweise die weibliche und die männliche Form verwendet wird.

Wenn ich einen Klempner suche, dann ist das, verdammt nochmal, geschlechtsneutral, denn unter allen Klempnern gibt es Klempner und Klempnerinnen, wenn man überhaupt eine grammatikalisch weibliche Form einführen will, was man im Deutschen nicht muß! (Es ist korrekt zu sagen: Frau Müller ist Arzt von Beruf.)

Die Formulierung Deutschlands Lungenfachärzte beziehen Stellung meint die Gesamtheit aller Lungenfachärzte beiderlei Geschlechts. Wer das anzweifelt, kann kein Deutsch. (Und wieviele Lungenfachärzte ein Problem haben, sich als männlich oder weiblich zuzuordnen, weiß ich nicht.)

Mit Gesetzestexten wie dem oben zitierten könnte man ja auch angesichts der eng umschriebenen Domäne, auf die er sich bezieht, noch leben. Aber jetzt kommen ideologische pressure groups dazu und wollen einem nicht nur vorschreiben, was man für Wörter zu verwenden hat, sondern auch noch, wie die Phrasierungen und formalen Ausgestaltungen von Sätzen aussehen sollen, damit ihren verschrobenen Ansichten Rechnung getragen wird!

Die Universität Köln hat hier ein Elaborat ins Netz gestellt, bei dessen Lektüre man sich fragt, was zur Hölle mit dem Begriff Wissenschaft in den letzten Dekaden passiert ist:

https://gb.uni-koeln.de/gendersensible_sprache/index_ger.html

Da heißt es u. a.:

Verschiedene repräsentative Studien zeigen die grundsätzliche Akzeptanz der geschlechtergerechten Sprache im Kontext von Rechtstexten: geschlechtsneutrale Formulierungen oder Bezeichnungen (z. B. die Wahlberechtigten) oder die Benennung beider Geschlechter werden von den Befragten präferiert (vgl. z.B. Vera Steiger, Lisa Irmen (2011): Wie sollen Personen in amtlichen Texten bezeichnet werden? Ein Vergleich verschiedener Rezipientengruppen zur Akzeptanz geschlechtergerechter Rechtssprache. In: Linguistische Berichte. 2011, Nr. 227, August 2011, S. 297–326.).

Aus solchen angeblich repräsentativen Studien und irgendwie gearteten Berichten sollen dann anscheinend Vorschriften hervorgehen, die dem Bürger so lange um die Ohren gehauen werden, bis er sich einer Sprache befleißigt, die dem Heer der Gleichstellungs- und LGBTQ+-xyz-Idioten gefällt! Eine geschlechtergerechte Sprache! Was, zum Teufel, soll das sein? Unsere Sprache hat sich über lange Zeiträume entwickelt, alle Mitglieder der Sprachgemeinschaft haben dazu beigetragen. Und jetzt entscheiden irgendwelche Gremien und Arbeitskreise und Betroffenheitsgruppen, wie unsere Sprache umzuformen ist in eine sogenannte geschlechtergerechte? Das kann ja wohl nicht wahr sein!

Es ist doch nicht Aufgabe einer Universität, Richtlinien für Sprachregelungen zu entwickeln, die dann vom Bürger zu erlernen und umzusetzen sind!

Die Deutschen sind eine Sprachgemeinschaft, und eine Sprachgemeinschaft hat keinen Häuptling und keine Häuptlinge. Sprache funktioniert organisch und nicht hierarchisch. Diese Sprach-GESTAPO allerorten kotzt mich an!

Ihr habt keine Legitimation für den Schwachsinn, den Ihr der Allgemeinheit oktroyieren wollt! Weder wissenschaftlich, noch demokratisch!

Ich habe Verständnis dafür, nicht mehr Eskimo zu sagen, sondern Inuit, und ich sage auch Same anstatt Lappe oder Lappländer. Aber das ist meine persönliche Entscheidung, und um die zu treffen, hatte ich die Freiheit, meinen Verstand zu benutzen. Die Hannoveraner Regierung empfiehlt jedoch z. B.:

Eine geschlechtsumfassende Ansprache ist nicht immer möglich. In diesen
Fällen gilt es den Genderstar zu nutzen. Der Genderstar, dargestellt
durch ein Sternchen* zwischen der maskulinen und femininen Endung
dient als sprachliches Darstellungsmittel aller sozialen Geschlechter und
Geschlechtsidentitäten.

Ich soll also (ja, ich weiß, ich muß nicht, sagen sie) schwachsinniges Zeug schreiben, das beispielsweise niemand lesen kann, oder wie soll man sich die Aussprache von

der*die Ingenieur*in

vorstellen? “Der Stern die Ingenieur Stern in trägt hohe Verantwortung!” So etwa?

Was für ein brachialer Unfug! Und die Begründung:

… in solchen Fällen wird der
Genderstar auch zwischen den
Artikeln gesetzt, um auf die
Vielfalt der Geschlechter
hinzuweisen.

Die Vielfalt der Geschlechter? Es gibt nur zwei! Und alles, was sich nicht eindeutig einem dieser beiden Geschlechter zuordnen läßt, fällt in den Bereich der Pathologie. Wenn ich sage, der Mensch hat zehn Finger, dann ist das statistisch gerechtfertigt. Es gibt Menschen, die mit zwölf Fingern (und zwölf Zehen) geboren werden, aber das sind so wenige, daß kein Mensch jemals auf die Idee kam, es könne beleidigend sein, davon zu sprechen, daß Menschen zehn Finger haben, da es ja ein paar gibt, die mehr als fünf pro Hand haben. Aber jetzt soll jeder darauf Rücksicht nehmen, daß es ein paar Leute unter uns gibt, die sich weder männlich noch weiblich sehen. Was hilft es denen, bitteschön, wenn ich diesen Genderstar benutze? Ist es nicht viel wichtiger, daß ich sie mit Respekt behandle, wenn ich mit ihnen persönlich zu tun habe? Aber ich muß nicht jede Ansprache an eine Gruppe mit extra Zeichen codieren, damit sich jeder, aber auch wirklich jeder, und sei er auch noch so abartig, eingeschlossen fühlt.

Aber mit diesem Kindergartenkram wie dem Sternchen hört es ja nicht auf:

Hier werden ganze Formulierungen vorgeschrieben! Ich muß ein Substantiv durch eine umständliche Passivkonstruktion ersetzen, die Benennung einer konkreten Funktion durch eine anonyme Organisationsbezeichnung ersetzen usw. usf. Das ist eine Sprachverhunzung und -verstümmelung, die ihresgleichen sucht. Und der ganze widerliche Scheiß nur, weil man, wenn man das nicht tut, politisch nicht korrekt handelt? Weil man dann angeblich (!) homo- oder transphob ist? Habt Ihr eigentlich einen Knall? Kapiert Ihr nicht, daß Ihr den Menschen, deren Akzeptanz in der Gesellschaft Ihr angeblich verbessern wollt, einen Bärendienst erweist?

Ich bin weder homo- noch transphob. Aber diesen katastrophalen Unfug mache ich nicht mit.

Übrigens: Schon mal darüber nachgedacht, daß die Endung phob eine Angst beschreibt? Eine Angst ist nichts, was man einem Menschen vorwerfen kann. Ängste muß man (ggf. vielleicht) abbauen. Am besten mit der Sprachgestapo.

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